Entwurf zur virtuellen Landesdelegiertenversammlung am 30.1.2021
Änderungen Kommunalverfassungsgesetz/Kommunal-Wahlrecht
Nach Auffassung der SGK hat sich das NKomVG weitgehend bewährt. Gleichwohl gibt es eine Reihe von Änderungsbedarfen aus der Praxis heraus, die für die kommende Wahlperiode der Kommunalen Parlamente ab dem 1.11.2021 neu gefasst werden sollten.
Die SGK Niedersachsen begrüßt die geplanten Verbesserungen der Rechtsstellungen der Mitglieder der kommunalen Vertretungen. Das Benachteiligungsverbot und die erweiterte Freistellungsregelung leisten einen messbaren Beitrag zur Stärkung des ehrenamtlichen Engagements in den kommunalen Vertretungen
Die bisherige Regelung zur Verkündung von Satzungen etc. (§ 11 NKomVG) wird klarer gefasst und drei strikt voneinander zu trennende Verkündungsarten (Tageszeitung, Amtsblatt oder Internet) zur Verfügung stellt.
Bei Einwohner*innenanträge und Bürger*innenbegehren soll zukünftig im Regelfall eine Kostenübersicht der finanziellen Auswirkungen von der Kommune erstellt werden, um so eine sachlich fundierte Auseinandersetzung sicher zu stellen. Die SGK Niedersachsen unterstützt die Erweiterung des Negativkatalogs im Bereich der Krankenhäuser und des Rettungsdienstwesens.
Um sicherzustellen, dass von dem geplanten Ratsbürger*innenentscheid in der kommunalen Praxis nur in engen Grenzen Gebrauch gemacht wird und um zu verhindern, dass dieses Instrumentarium von einer Minderheit in der Vertretung im Rat missbraucht wird, fordert die SGK Niedersachsen, dass der Ratsbürger*innenentscheid nicht nur mit einem Zustimmungsquorum, sondern darüber hinaus mit einem Antragsquorum versehen wird.
Für die Ausschussbildung (§ 71 NKomVG) soll künftig wieder das d´Hondtsche Höchstzahlverfahren eingeführt werden. Dieses Verfahren ist eher geeignet, stabile Mehrheitsverhältnisse in den Ausschüssen zu gewährleisten als das bisherige Verfahren Hare-Niemeyer.
Die SGK begrüßt diese Gesetzesinitiative der Landesregierung. Sie bedauert aber, dass gerade das d´Hondtsche Höchstzahlverfahren lediglich für die Ausschussbildung wieder eingeführt wird und nicht auch für die Bildung der Vertretungen im Anschluss an die Wahl selbst. Gerade die nicht vorhandene Sperrklausel (5% Hürde) und das Verfahren nach Hare Niemeyer führen zu einer Zersplitterung der Vertretungen, die künftig eine planmäßige, dauerhafte und wirtschaftliche Entwicklung der Kommunen weiter erschweren werden.
Die SGK fordert, wenn die Wahlzeit von fünf Jahren bei Hauptverwaltungsbeamt*innen beibehalten wird, dass ein Rückkehrrecht in ihre frühere Stellung im öffentlichen Dienst oder in der freien Wirtschaft geregelt wird.
Ländliche Räume stärken
Ländliche Räume haben ein enormes Potenzial für Wirtschaft und Gesellschaft, das auch in Zeiten des demografischen Wandels mehr als bisher aktiviert werden kann. Mit Blick auf die drängenden Probleme des Klimawandels sind die ländlichen Räume zum Schutz unserer natürlichen Ressourcen von herausragender Bedeutung. Das zeigt sich beispielsweise beim Ausbau der erneuerbaren Energien bei der dezentralen Energiewende.
Darüber hinaus haben ländliche Räume eine Schlüsselrolle bei zahlreichen weiteren gesellschaftlichen Reformprojekten wie die Mobilität oder die Arbeit der Zukunft. Es muss uns gelingen, die richtigen Weichen zu stellen, dann stärken wir nicht nur die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse in unserem Land, sondern zugleich den Wirtschaftsstandort Deutschland. Die Schlüsselrolle der ländlichen Räume ist durch eine stärkere finanzielle, digitale und soziale Teilhabe hervorzuheben.
Breitband ist die Grundbedingung für die Teilhabe an der digitalen Welt des 21. Jahrhunderts. Eine schnelle und flächendeckende Breitbandversorgung ist unverzichtbar für die Wirtschaft und das Leben in ländlichen Räumen.
Mobilität der Menschen in den ländlichen Räumen zu gewährleisten ist Daueraufgabe der Politik. Verkehrswende setzt eine durchgreifende Verbesserung des ÖPNV, aber auch eine Veränderung des motorisierten Individualverkehrs in Richtung eines Umstiegs auf alternative Antriebe voraus. In den Fokus ist auch eine Stärkung des Radverkehrs zu nehmen.
Das Personenbeförderungsgesetz ist zu reformieren. Die Ausschreibungsverfahren können nicht zufrieden stellen.
Zur Stärkung des ländlichen Raumes ist das Landesraumordnungsprogramm (LROP) fortzuschreiben.
Klimaschutz in Kommunen
Steigende Durchschnittstemperaturen (nach 2019 war 2020 erneut das heißeste Jahr seit der Wetteraufzeichnung), Starkregenereignisse oder Dürreperioden zeigen immer deutlicher die Auswirkungen und Herausforderungen des Klimawandels. Trotz der Corona Pandemie bleibt daher der „Klimanotstand“, den viele Kommunen bereits ausgerufen haben, eines der zentralen und wichtigsten auch kommunalen Themen. Gerade Teile der kommenden Generation mahnen uns mit ihren Demonstrationen zu mehr und entschlossenerem Handeln. Wir unterstützen das Anliegen und streben einen intensiven inhaltlichen Austausch mit Friday for Future an.
Den Landkreisen, Städten, Gemeinden und Samtgemeinden kommt eine zentrale Rolle beim Thema Klimaschutz zu. Die Kommunen stehen dabei vor der Herausforderung alle politischen Zielsetzungen der Sozialpolitik, der Wirtschaftspolitik, der Finanzpolitik, der Verkehrspolitik, der Mobilität, des Arbeitsmarktes, des Gewerbes und der Industrie mit zu berücksichtigen und die entsprechenden Akteur*innen einzubinden. Darüber hinaus müssen alle politischen Ebenen EU, Bund, Länder, Kommunen, Gesellschaft auf Augenhöhe
zusammenwirken. Keine Eben kann den notwendigen Klimaschutz ohne die anderen Ebenen erreichen.
Wir wollen gemeinsam mit Bund und Land eine Reduktion der Gesamtsumme der jährlichen Treibhausgasemissionen in Niedersachsen (Gesamtemissionen) bis zum Jahr 2030 um 55 % und bis zum Jahr 2050 um mindestens 80-95 % jeweils im Vergleich zu den Gesamtemissionen im Jahr 1990 erreichen.
Kommunale Handlungsmöglichkeiten sehen wir insbesondere durch:
– den Ausbau und die Stärkung des ÖPNV,
– die energetische Sanierung kommunaler Liegenschaften und die damit
verbundene Reduzierung des Energieverbrauches,
– den Einsatz und die Förderung regenerativer Energien,
– die klimagerechte Stadtentwicklung,
– die Erstellung von Starkregenkarten,
– die Erstellung von Notfallplänen, von integrierten kommunalen Hochwasserkonzepten oder die Schaffung von Retentionsräumen und Grünflächen insbesondere in Innenstädten und Ortskernen großer Städte.
– die Umstellung der kommunalen Fuhrparke und des ÖPNV auf nachhaltige Antriebssysteme
– eine Energetische Gebäudesanierung / Wärmedämmung
– Solarisierung und Begrünung von Dachflächen
– Reduzierung des innerstädtischen Lieferverkehrs („Letzte Meile“)
Klimaschutz erfordert aber auch eine auskömmliche finanzielle Ausstattung der Kommunen. Ohne Unterstützung von Bund und Land werden die Kommunen das gerade in diesen krisengeschüttelten Coronazeiten nicht leisten können. Wir erwarten daher, dass Bund und Land den kommunalen Klimaschutz sowohl rechtlich als auch wirtschaftlich mit entsprechenden Programmen unterstützt. Wenig hilfreich ist es dabei, im EEG lediglich freiwillige Zahlungen an die Kommunen bei neuen Windrädern vorzusehen, statt die Bereitschaft zur alternativen Stromgewinnung mit Pflichtzahlungen an die Kommunen zu unterstützen.
Schutz und Stärkung Ehrenamt
Gerade vor dem Hintergrund der durch die Bekämpfung der Corona Pandemie notwendigen Maßnahmen insbesondere der Beschränkungen Zusammen zu kommen und gemeinsam Interessen in Vereinen und Verbänden, in gemeinsamen Aktivitäten, wie Wandern, Sporttreiben oder bei kulturellen oder traditionellen Veranstaltungen wahr zu nehmen, ist die Stärkung und das Widererstarken des Ehrenamtes eine kommunalpolitisch ganz besondere Herausforderung. Wir befürchten, dass wegen dieser Beschränkungen, die ohnehin schon an Nachwuchsmangel leidenden Vereine und Verbände noch größere Schwierigkeiten haben auch in den kommenden Jahren ihr für unsere kommunale Gemeinschaft so elementares Engagement fortzusetzen. Wir befürchten, dass Vereine sich auflösen, Mitglieder verlieren und ihre Arbeit nicht mehr im gewohnten Umfang wahrnehmen können. In der Landtagsentschließung zur Einsetzung einer Enquetekommission „Rahmenbedingungen für das ehrenamtliche Engagement verbessern – Enquetekommission Ehrenamt einsetzen“ heißt es: „Das Engagement der Bürgerinnen und Bürger in Niedersachsen ist umfangreich und vielfältig. Sportvereine, soziale und kulturelle Projekte sowie die Präventions- und Integrationsarbeit werden maßgeblich von Ehrenamtlichen getragen. Außerdem sind der Zivil- und Katastrophenschutz, insbesondere die Freiwillige Feuerwehr und die Rettungsdienste, auf engagierte Bürgerinnen und Bürger angewiesen. Auch die kommunale Selbstverwaltung basiert wesentlich auf der ehrenamtlichen Tätigkeit. Viele Bürger*innen übernehmen in den Kommunalparlamenten politische Verantwortung. Sogar in der Wirtschaft basiert die Selbstverwaltung auf dem Einsatz von Ehrenamtlichen.“ Diese Beschreibung gibt wieder, wie wichtig das Ehrenamt ist. Wir fordern deshalb, dass im Rahmen der Arbeit der Ehrenamts-Enquetekommission alle Möglichkeiten geprüft werden, das Ehrenamt zu stärken. Dies gilt insbesondere auch im Hinblick auf die Fragen der rechtlichen Anforderungen an Vereine und Verbände bei Rechnungslegung und Haftung, das gilt aber auch im Hinblick auf ehrenamtliches Engagement bei Kommunen auf eine Gleichstellung mit ehrenamtlichen Richter*innen.
Das Ehrenamt absichernde Hilfestellungen wie z. B. mittels kommunaler Ehrenamtsbüros müssen geleistet und vom Land finanziert werden.
Die in 2019 begonnene Förderung der Bildungsarbeit der kommunalpolitischen
Vereinigungen (KPV) muss uneingeschränkt fortgesetzt werden. Eine institutionelle
Förderung ist anzustreben.
Medienlandschaft
Die neuen technischen und inhaltlichen Entwicklungen der digitalen Medien sind eine Herausforderung für Medienmacher*innen, Publikum und Politik. Kommunalpolitiker*innen müssen oft genug immer mehr Informationskanäle bespielen und andererseits beobachten, was in den sozialen Medien verbreitet und behauptet wird. Für die Bürger*innen können die Veränderungen in der Medienlandschaft zu einer stärkeren (politischen) Beteiligung führen, was insbesondere für bisher in den Medien benachteiligte Gruppen wie z. B. Migrant*innen wichtig sein kann. Andererseits werden sie vor die Herausforderung gestellt, die unterschiedlichen medialen Berichte und Darstellungen auf ihre Zuverlässigkeit und den Wahrheitsgehalt zu prüfen. Gerade auf der kommunalen Ebene spielen diese neuen sozialen Medien zunehmend eine Rolle. Hier gilt es im Interesse und zum Schutz derjenigen, die sich ehrenamtlich für das Gemeinwesen engagieren, starke Grenzen gegen Schmähungen, Verunglimpfung und Hass zu ziehen. Die bisherigen Regelungen haben sich als zu schwach erwiesen. Insofern fordert die SGK Klarnamenspflicht im Netz, da es nicht sein kann und darf, dass dieser Bereich sich außerhalb der Rechtsnormen organisiert.
Umgang mit AfD
Von der Umkleidekabine bis zur Freiwilligen Feuerwehr – überall ist die AfD. Sie will gesellschaftliche Schlüsselpositionen einnehmen. Sie geriert sich trotz der zunehmenden Hinweise auf eine rechtsextremistische Unterwanderung durch den sogenannten Flügel und der damit einhergehenden Diskussion über eine Überwachung durch den Verfassungsschutz vielfach und gerade auf kommunaler Ebene als die eigentlich doch harmlosen, netten sehr konservativen Menschen von Nebenan. Die radikalen Umtriebe, die viele Menschen über die Medien wahrnehmen, will die Partei mit persönlichen Erfahrungen im sozialen Umfeld überdecken. Eine Strategie, die schon von der NPD versucht wurde. Der Gedanke dahinter: Wenn der*die kumpelhafte Jugendtrainer*in, der*die integre Kassenwart*in oder der*die emphatische Elternvertreter*in ganz nebenbei auch AfD-Mitglied ist, dann sticht womöglich der persönliche Kontakt zu diesen Parteivertreter*innen die öffentliche Kritik an der Gesamtpartei aus. Das Gefährliche für die Gesellschaft ist dabei: Die AfD will nicht sich „zivilisieren“, sondern die Zivilgesellschaft radikalisieren. Die Kommunen und ihre Akteur*innen, die demokratischen Parteien, die Ehrenamtlichen in den Vereinen und Verbänden, den Stiftungen und den demokratischen Mitgestaltungsgremien in Schule und Kitas brauchen Strategien gegen die Flirtversuche der AfD.
Helfen kann dabei nur eine deutliche Ausgrenzung der AfD und ihrer Mitglieder. Darauf muss sich gemeinsam verständigt werden. Wie weit die AfD bei ihrem Marsch in die Mitte kommt, hängt in erster Linie von den Kräften der Mitte ab: Nicht eine Minderheit von Demokratiefeind*innen ist die eigentliche Gefahr für die Demokratie, sondern wenn sich Demokrat*innen nicht eindeutig von ihnen abgrenzen. In der heutigen Zeit müssen alle Demokrat*innen Brandschützer*innen sein.
Sozialer Wohnungsbau – Mehr bezahlbarer Wohnraum in Niedersachsen
In Niedersachsen gibt es aus hinlänglich bekannten Gründen zu wenig bezahlbaren Wohnraum und zwar nicht nur in größeren Städten. Der Wohnraum in öffentlicher Hand hat sich kontinuierlich reduziert. Die Kommunen allein können die Schaffung von ausreichend bezahlbarem Wohnraum nicht gewährleisten. Es muss eine Kehrtwende eingeleitet werden, denn Wohnraum ist ein Sozialgut und nicht nur ein Wirtschaftsgut. Auch heißt es in unserer Niedersächsischen Verfassung (Art. 6a): „Das Land wirkt darauf hin, … dass die Bevölkerung mit angemessenem Wohnraum versorgt ist.“
Vor diesem Hintergrund ist die (Wieder-) Gründung einer Landeswohnungsbau-Gesellschaft zur Schaffung von mehr Wohnungen in öffentlicher Hand ein richtiger und wichtiger Schritt zur Schaffung von mehr bezahlbarem Wohnraum in Niedersachsen. Gleiches gilt für kommunale Wohnungsbaugesellschaften. Deren Gründung ist zu fördern und zu unterstützen. Der öffentliche Wohnungsbau als elementare Säule der Wohnraumschaffung erfährt eine Stärkung. Die Landeswohnungsbau-Gesellschaft muss auf Dauer angelegt sein, um den erforderlichen Wohnraum schaffen zu können.
Ergänzend müssen allerdings die im „Bündnis für bezahlbares Wohnen“ unlängst erarbeiteten Handlungsschwerpunkte mit den Empfehlungen zur Wohnraum-Förderung (u.a. Ziel 40.000 geförderte Wohnungen bis 2030), besserer Verfügbarkeit von Bauland (vergünstigte Abgabe von öffentlichem Bauland, kommunale Wohnungsbaugesellschaften stärken, Erbbaurecht verstärkt anwenden), stärkere Nachverdichtung (z.B. befristete Aussetzung von bauordnungsrechtlichen Vorschriften für Nachverdichtung im Bestand). Das NESWoG (Erleichterung der Schaffung von Wohnraum) vom 10. November 2020 zum erleichterten Bebauen von Baulücken geht in die richtige Richtung. Weiter anzustreben sind Verfahrensoptimierungen (z.B. Änderung von Stellplatzregelungen, Novellierung Bauvorlagenverordnung) und eine zielstrebige Förderung der Digitalisierung (z.B. bei Baugenehmigungsverfahren).
Vorschulische Bildung / Bildung und Chancengerechtigkeit
Die Schaffung und der Ausbau der Plätze für die Kinderbetreuung bleibt eine zentrale Herausforderung der örtlichen Ebene. Die Bundes- und Landesmittel für die dringend benötigten Neubauten sind knapp. Förderprogramme des Landes sind regelmäßig um ein Vielfaches überzeichnet. Die Schaffung der notwendigen Betreuungsplätze wird auch künftig ohne eine auskömmliche Finanzierung der Förderprogramme RIT und RAT V nicht zu leisten sein. Dabei darf der Fokus nicht nur auf den Ausbau der Krippenplätze gerichtet werden. Die SGK spricht sich dafür aus, dass die Landesregierung auch Fördermittel für Investitionen in Kindertagesstätten (Ü3) bereitstellt.
Digitales Lernen ohne soziale Barrieren
Gerade die CORONA- Pandemie hat einmal mehr deutlich gemacht, dass es bei der digitalen Bildung Nachholbedarf gibt und zwar in der Qualifikation von Lehrer*innen, in der Ausstattung der Schulen und im chancengerechten Zugang zum digitalen Lernen.
In der Ausbildung von Lehrer*innen muss „digitale Schule“ ein verpflichtender und deutlich größerer Bestandteil sein. Universitäten und Hochschulen sind entsprechend auszustatten, da die Durchführung von digitalem Unterricht nicht abhängig sein darf von einer zufällig vorhandenen Qualifikation der Lehrer*in. Lehrende sind verstärkt durch gezielte Fort- und Weiterbildungsangebote im Qualifikationserwerb für den digitalen Unterricht zu unterstützen und müssen eine gute technische Ausstattung gestellt bekommen. Bei der Ausstattung mit digitalen Medien erhalten die Kommunen dauerhaft, über den Digitalpakt hinausgehend, durch das Land Niedersachsen auskömmliche und langfristig gesicherte Unterstützung.
Durch entsprechende Förderprogramme ist zu gewährleisten, dass Schüler*innen mit entsprechenden Medien ausgestattet werden, um am digitalen Unterricht – auch im Homeschooling – teilnehmen zu können. (Der DigitalPakt aus 2018 und dessen Aufstockung, um Online Lehrinhalte und Endgeräte für Schüler*innen, die über ein solches nicht verfügten, zu finanzieren waren eine erste große Hilfe). Zu unserer besonderen Aufmerksamkeit gehört aber auch, dass Homeschooling nicht einseitig zulasten der Frauen führt.
Über die Krise hinaus und nach Auslaufen des Digitalpaktes brauchen die Schulen hier weiterhin Unterstützung durch das Land. Lernmittelfreiheit für die Ausstattung von Schüler*innen mit dem notwendigen Material scheint unerlässlich, will man hier gleiche Chancen herstellen. Bislang gehören digitale Geräte zum Regelbedarf beim SGB II und werden nicht von den Jobcentern finanziert. Die Ausstattung von Schüler*innen bleibt alleine in der Verantwortung der Kommunen. Hier ist dringend eine rechtliche Änderung oder eine finanzielle Unterstützung der Kommunen notwendig, um die Schulen bzw. Schulträger auch bei der technisch-administrativen Seite nicht allein zu lassen und den Aufbau notwendiger fachlicher Expertise zu ermöglichen, etwa über IT-Administrator*innen an Schulen. Die Förderung von IT-Administrator*innen ist auch nach dem Auslaufen des Digitalpaktes weiterzuführen. Die aufwendigen Antragsverfahren über schulbezogene Medienkonzepte sind deutlich zu vereinfachen, damit die Mittel schneller in Richtung Schulen abfließen können. Des Weiteren müssen die Chancen der Digitalisierung genutzt werden, für die Entwicklung neuer digitaler Lernformate und -zusammenhänge (z.B. inverted classrooms = eigene Stofferarbeitung).
Digitalisierung in Kommunen (Infrastruktur, Dienstleistung)
Der Umgang mit der Corona-Pandemie hat unseren Alltag erheblich verändert. Digitalität ist zu einer wichtigen Bedingung geworden, unser gesellschaftliches Leben trotz Lockdown und Social-Distancing in einem gewissen Rahmen aufrechtzuerhalten.
Viele Verwaltungen, Unternehmen und Beschäftigte nutzen, wo möglich, das Homeoffice. In den Kommunen kann trotz der Einschränkungen die Versorgung mit Strom, Wärme und Wasser sowie die Abfallentsorgung aufrechterhalten werden. Auch Bildung und Kultur versuchen – notgedrungen – einen Umzug ins Internet. Digitales Lernen bietet auch über die Krise hinaus die Chance, neue Ansätze des Lehrens und Lernens zu integrieren.
Die Entwicklung der vergangenen Monate führt noch einmal vor Augen, wie notwendig der weitere Ausbau der digitalen Infrastruktur ist. Breitband und 5G bilden die Voraussetzung dafür, dass wir in Zukunft neue Technologien einsetzen können und keine Region abgehängt wird. Das Mobilfunknetz ist weiter auszubauen und Funklöcher sind zu schließen. Dies zu gewährleisten ist eine zentrale Herausforderung für Bund, Land und Kommunen.
Trotz hoher Fördermittel kommt der Ausbau in Deutschland aber nicht ausreichend voran. Um das Ziel bis 2025 gigabitfähige Anschlüsse für alle Niedersachsen zu erreichen, müssen viele Akteure kooperieren. Dabei ist die Kompetenz der Kommunen unverzichtbar, denn sie wissen vor Ort am besten, welche Defizite wo bestehen und auszugleichen sind. Das oft noch bestehende Stadt-Land-Gefälle ist auszugleichen, um gleichwertige Lebensverhältnisse zu gewährleisten. In Ballungsräumen kann die Digitalisierung dazu beitragen, Überlastungen zu vermeiden, in ländlichen Räumen, bestehende Standortnachteile zu überwinden. Dafür darf man den Breitbandausbau nicht allein dem Markt überlassen, der vorrangig in dicht besiedelten Bereichen agiert. Dort wo der Glasfaserausbau nicht eigenwirtschaftlich erfolgen kann, sollten die Kommunen mit Mitteln des Bundes und des Landes unterstützt werden, um den Netzausbau rasch und wirksam voranzubringen. Dieser Ansatz hat sich bewährt und sollte weiterentwickelt werden, insbesondere durch die Anhebung der Förderhöchstsätze, Wegfall der Aufgreifschwelle und eine Entschlackung des Förderverfahrens. Die Förderung des kabelgebundenen Breitbandausbaus sollte ausschließlich Glasfaserkabel bis in die Gebäude hinein zum Ziel haben.
Glasfaserausbau ist die Voraussetzung für ein ebenfalls flächendeckendes Mobilfunknetz der neuesten Generation (5G). Dabei ist sicherzustellen, dass der ländliche Raum gleichberechtigt mit 5G-Mobilfunk versorgt wird, um neue digitale Lücken zu vermeiden.
Die Digitalisierung bietet die Chance für vielfältige Anwendungen in den kommunalen Handlungsfeldern, sei es im Bereich von E-Health, Rettungswesen, Bildung, Mobilität oder Mittelstandsförderung.
Die Digitalisierung mit ihren verschiedenen Aspekten, von der Infrastruktur über die Anwendungsfelder bis hin zum Online-Zugangsgesetz und zur IT-Sicherheit sind nicht zum Nulltarif zu haben. Daher müssen die Kommunen eine nachhaltige Unterstützung bei der Digitalen Transformation erhalten. Hierzu gehören eine nachhaltige Finanzausstattung und die Unterstützung des Landes bei der technischen Infrastruktur. Das Land muss dafür Sorge tragen, dass alle Kommunen befähigt werden, ihre Digitalisierungsaufgaben zu bewältigen. Es darf bei der Digitalisierung in den Kommunen keine unterschiedlichen Standards geben. Weiterhin muss dafür Sorge getragen werden, dass allen Bevölkerungsgruppen eine Teilhabe an digitalen Leistungen ermöglicht wird. Dafür sind Programme oder Initiativen zu entwickeln für öffentliche Zugänge zum Internet, zur Unterstützung von Bürger/-innen beim Umgang mit Onlineanträgen und für die barrierefreie Gestaltung der Onlineangebote.
Medizinische Versorgung im ländlichen Raum
Die im Jahr 2019 veröffentlichte Evaluation der Maßnahmen der Kassenärztlichen Vereinigung Niedersachsen (KVN) zur Verbesserung der ärztlichen Versorgung auf dem Land durch das Niedersächsische Sozialministerium prognostiziert für das Jahr 2030 eine dramatische Versorgungssituation mit Hausärzt*innen: Der bis dahin anwachsende Mehrbedarf von 2.400 Hausarztsitzen kann bei weitem nicht gedeckt werden, über 1.600 Hausarztsitze – vor allem im ländlichen Raum – könnten unbesetzt bleiben. Deshalb sind dringend weitere Maßnahmen erforderlich, um die hausärztliche Versorgung in allen Regionen sicherzustellen. Die geplante Einführung der Landarztquote sowie die Schaffung der 200 Medizinstudienplätze zielen in die richtige Richtung. Die KVN muss stärker in die Pflicht genommen werden, den ihr obliegenden Sicherstellungsauftrag für die ambulante medizinische Versorgung der Versicherten zu erfüllen. Notfalls muss die KVN Eigeneinrichtungen betreiben und Mediziner*innen anstellen.
Die SGK Niedersachsen begrüßt, dass auch die Niedersächsische Landesregierung einen Beitrag zur Sicherstellung der medizinischen Versorgung in der Fläche leistet und den Aufbau und den Betrieb Regionaler Versorgungszentren fördert. Allerdings reichen die lediglich drei landesweit geförderten Modellprojekte bei Weitem nicht aus. Das Programm muss auf weitere ländliche Gebiete ausgedehnt werden und es muss die langfristige Finanzierung sichergestellt sein.
Im stationären Bereich gilt es, eine flächendeckende und wohnortnahe medizinische Versorgung auch in Zukunft zu erhalten.
Wege aus der Corona-Krise
Die Bewältigung der Covid-19 Pandemie ist die ultimative Herausforderung für unsere staatlichen und kommunalen Institutionen und Einrichtungen, ein Stresstest für unsere liberale Demokratie und den Zusammenhalt der Gesellschaft. Mit dem Beginn der Impfkampagne, die sich im Laufe des Jahres 2021 voll entfaltet haben wird, ist die berechtigte Hoffnung auf ein Ende der Pandemie zum Ende des Jahres 2021 verbunden. Die Auswirkungen der Pandemie, vor allem deren ökonomischen Folgen, werden uns aber noch Jahre begleiten. Welche Lehren können wir ziehen und welche Antworten müssen wir geben?
Zunächst bleibt festzuhalten, dass das föderale System Bundesrepublik Deutschland sich als krisenfest bewährt hat. Es erlaubt, auf unterschiedliche Lagen in unterschiedlichen Gegenden unterschiedlich zu reagieren. Ein Corona-Ausbruch in einem Bundesland oder in einem Landkreis bedeutet nicht, dass auch das benachbarte Bundesland oder der Nachbarlandkreis dieselben Schutzmaßnahmen ergreifen muss. Deutlich geworden ist auch, wie wichtig eine funktionierende öffentliche Daseinsvorsorge ist. Sei es im Bereich der Wasserversorgung, der Energie, dem Nahverkehr, der Müllabfuhr und nicht zuletzt im Bereich der medizinischen Versorgung. Wie auch schon in der Flüchtlingskrise haben sich auch in dieser Krise die Kommunalverwaltungen als krisenfest erwiesen. Sie waren das Rückgrat bei der Krisenbewältigung. Die Pandemie hat aber auch die Schwächen offengelegt, die durch mangelnde Risikovorsorge und durch ökonomische Fehlanreize insbesondere in unserem Gesundheitssystem entstanden sind. Auch ist sichtbar geworden, dass wir in Sachen Digitalisierung in allen öffentlichen Bereichen dringenden Nachholbedarf haben.
Daraus lassen sich folgende kommunalpolitischen Forderungen ableiten:
1. Die Krankenhausplanung gehört auf den Prüfstand. Um eine
Notfallversorgung sicherstellen zu können, sind Kliniken auch in der Fläche
notwendig.
2. Die Gesundheitsämter müssen gestärkt und personell und finanziell besser
ausgestattet werden. Das qualifizierte medizinische Personal ist aufzustocken.
3. Die digitale Netzinfrastruktur ist bestmöglich auszubauen.
4. Das Online-Zugangs-Gesetz (OZG) ist bis Ende 2023 umzusetzen.
5. Die Digitalisierung der Schulen muss weitergehen.
6. Räte und Kreistage müssen auch in Krisenzeiten noch beschlussfähig bleiben.
7. Das NKomVG muss Wahlen und Abstimmungen auch online ermöglichen.
Die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie sind derzeit nicht seriös abzuschätzen. Sicher erscheint aber, dass wir mit deutlich sinkenden kommunalen Einnahmen und steigenden Ausgaben rechnen müssen. Das gefährdet die Investitionsmöglichkeiten der Kommunen, weshalb eine Stabilisierung der Kommunalfinanzen durch den Bund und die Länder zwingend notwendig sind.
Daraus ergibt sich die Forderung, die wirtschaftlichen Lasten der Krise fair zu verteilen. Starke Schultern können mehr tragen als schwache.
Kommunale Finanzen/Altschulden
In Niedersachsen gibt es viele Kommunen mit hohen Altschulden und strukturellen Herausforderungen, die einen Haushaltsausgleich erschweren und teilweise auch dauerhaft unmöglich machen. Im Jahr 2020 haben 54 finanzschwache Kommunen vom Land Niedersachsen Bedarfszuweisungen von insgesamt 60 Mio. € erhalten. Dies ist aber nur ein Tropfen auf den „heißen Stein“, da das Gesamtfehlbetragsvolumen aller Antragsteller sich auf rund 1,673 Mrd. € beläuft. Die Initiative des Bundesfinanzministers zur Entschuldung von Kommunen ist leider am Widerstand von unsolidarischen Bundesländern gescheitert. Durch das Konjunkturpaket des Bundes wurden den Kommunen Ende 2020 Einnahmeausfälle teilweise erstattet. Damit dürfte von Bundesseite keine Entlastung mehr zu erwarten sein.
Die beim Land Niedersachsen im Koalitionsvertrag vorgesehene finanzielle Unterstützung der niedersächsischen Kommunen in Höhe von 1 Mrd. €, die an die Finanzkraft gekoppelt sein sollte, ist vom Land nicht umgesetzt worden. Durch die Kofinanzierung der Corona-Hilfen an Kommunen durch das Land dürfte die Bereitschaft beim Land für eine nachhaltige Beseitigung von Altschulden im Moment nicht vorhanden sein. Weiterhin wird durch die unklaren Folgen der Corona-Pandemie auf die Finanzsituation der Kommunen ein bedarfsgerechtes Programm zur Entschuldung derzeit erschwert.
Dennoch dürfen Kommunen durch Corona-Einnahmeausfälle nicht in eine dauerhafte Schieflage kommen. Die finanzschwachen Kommunen benötigen nach wie vor eine dauerhafte Lösung für ihre Finanzprobleme, die nur mit Unterstützung des Landes gelingen kann.
Die Kommunalaufsichtsbehörden müssen Investitionen in die Infrastruktur auch bei schwierigen Haushaltslagen erleichtern und höhere Kreditlinien zulassen. Gleichzeitig dürfen die Einsparziele für die Kommunen zum Erhalt von Entschuldungsmitteln nicht so weit gehen, dass der Spielraum für freiwillige Leistungen komplett eingeschränkt wird.
Nach Beendigung der Corona-Krise müssen die Auswirkungen und die entstandenen zusätzlichen Lasten ermittelt und eine Strategie zur Lösung der Altschuldenproblematik entwickelt werden.
Als Vorbild kann der „Kommunale Schutzschirm“ in Hessen dienen. Dort werden 46 Prozent der Schulden der ärmsten Städte und Gemeinden vom Land übernommen und langfristig getilgt. Gleichzeitig konnte durch die Finanzierung durch das Land eine Zinsverbilligung erreicht werden.
Personalentwicklung Öffentlicher Dienst
Wir erleben heute tiefgreifende Veränderungen in Umwelt und Gesellschaft. Viele davon werden mit Sorge gesehen, so etwa Klimawandel, Digitalisierung der Arbeitswelt, Zuwanderung, neue Bedrohungslagen und die Gefährdung der Demokratie durch Populismus. Extremismus und Verrohung. Wir setzen uns daher für einen leistungsfähigen und demokratiefesten öffentlichen Dienst als Basis und Kern einer gut funktionierenden starken Verwaltung ein.
Dass der öffentliche Dienst in Niedersachsen mit seinen rund 200 Tsd. Landes- und 140 Tsd. kommunalen Beschäftigten dazu in der Lage ist, hat er nicht zuletzt in der Hochphase der Flüchtlingsbewegungen 2015 eindrucksvoll unter Beweis gestellt. Um dies zu erhalten, unterstützen wir eine Kultur der Wertschätzung für die Beschäftigten, der Verbesserung ihrer persönlichen Arbeits- und Entwicklungsbedingungen sowie einer Weiterentwicklung der Rahmenbedingungen ihrer Arbeit im Zeichen der Digitalisierung.
Wir setzen uns für eine zukunftsgerechte und wettbewerbsfähige Gestaltung von Tarif- und Besoldungsstrukturen ein. Die Bezahlung muss attraktiv sein und deshalb mit der Preis- und Lohnentwicklung im privaten Sektor Schritt halten.
Die Nachwuchsgewinnung mit gut qualifizierten Kräften muss mit hoher Priorität
fortgesetzt werden.
Wir wollen den digitalen Wandel als Ansatz für eine qualitative (Weiter-)Entwicklung des öffentlichen Dienstes und nicht als vordergründiges Instrument zur Kostenreduzierung nutzen. Wir wollen eine intensive Beteiligung der Beschäftigten. Dazu sind Rahmenvereinbarungen zu treffen. Eine gute Aus- und stetige Fortbildung ist unabdingbar.
Für komplexe Prozesse und Anforderungen etwa im Bereich von Integration und Bildung, aber ebenso bei Großvorhaben, müssen Behörden und ihre Bediensteten untereinander abgestimmt und effektiv arbeiten können. Hierzu wird die Digitalisierung mit einer zunehmend dezentral verfügbaren Wissensbasis einen wichtigen Beitrag leisten. Gerade in Niedersachsen haben wir nach der Abschaffung der Bezirksregierungen erlebt, wie schwerwiegend der Verzicht auf dafür geeignete Strukturen sein kann. Deshalb wollen wir schlanke und effiziente Formen der Politik- und Verwaltungskoordination etablieren.