SGK will Privatisierungsbremse

Der SGK-Landesvorstand hat auf der Basis eines Antrages der SGK Diepholz anlässlich der Landesdelegiertenkonferenz beschlossen: Die SGK Niedersachsen bittet die Landtagsfraktion und die Landesregierung, anlässlich der Novellierung des NKomVG die Einführung einer „Privatisierungsbremse“ zu prüfen.

Andreas Bovenschulte befürwortet die Privatisierungsbremse

Es sollte den Kommunen das Recht eingeräumt werden, in ihrer Hauptsatzung zu bestimmen, dass vor einer Privatisierung wesentlicher Einrichtungen der öffentlichen Daseinsvorsorge ein Bürgerentscheid durchgeführt werden muss.

Die Privatisierung öffentlicher Dienstleistungen stand ab Ende der 1970er Jahre ganz oben auf der politischen Tagesordnung. Inzwischen hat sich hiergegen unter dem Banner der Rekommunalisierung eine breite Gegenbewegung formiert.

Wenn Kommunen Aufgaben privatisieren, dann nimmt ihr Einfluss auf die Gestaltung von Wirtschaft und Gesellschaft ab. Damit verliert auch die demokratische Willensbildung in den Räten und Kreistagen an Bedeu- tung. Viele Privatisierungsentscheidungen wurden ohne ausreichende Beteiligung der Öffentlichkeit und ohne ausreichende Abwägung der Alternativen getroffen. Oft waren angesichts der Komplexität der Materie nicht einmal die Zuständigen in Politik und Verwaltung in der Lage die Tragweite ihrer Entscheidungen abzuschätzen.

Einmal erfolgte Privatisierungen lassen sich auch bei veränderten politischen Mehrheitsverhältnissen nur schwer wieder rückgängig machen. Häufig fehlen hierfür die finanziellen Mittel, denn die seinerzeit erzielten Verkaufserlöse wurden längst für andere Dinge ausgegeben. Und häufig sind die Kommunen personell und fachlich gar nicht mehr in der Lage, privatisierte Aufgaben wieder in eigene Regie zu übernehmen.

Deshalb mehren sich die Stimmen, die eine Privatisierung wesentlicher Einrichtungen der öffentlichen Daseinsvorsorge – insbesondere in den Bereichen Energie- und Wasserversorgung, Nahverkehr, Abwasser- und Abfallentsorgung sowie Wohnraum- und Gesundheitsversorgung – nur noch dann zulassen wollen, wenn sich eine Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger in einem Volks- oder Bürgerentscheid dafür ausspricht.

Die Privatisierungsbremse betrifft dabei ausschließlich Privatisierungen im materiellen Sinne, durch die der beherrschende Einfluss des Staates oder der Kommunen auf Einrichtungen der öffentlichen Daseinsvorsorge beseitigt wird. Sie zielt nicht darauf, notwendige organisatorische Weiterentwicklungen öffentlicher Un- ternehmen zu verhindern oder zu erschweren.

Die Privatisierungsbremse ist ein geeignetes Instrument, um zwei Kern- anliegen sozialdemokratischer Politik – „Sicherung der öffentlichen Daseinsvorsorge“ und „Mehr Demokratie wagen“ – inhaltlich miteinander zu verknüpfen und offensiv in die Diskussion zu tragen. Dadurch lässt sich zugleich Vorsorge für wirtschaftlich schwierige Zeiten treffen, in denen der Ruf nach Haushaltssanierung durch Verkauf des kommunalen Tafelsilbers wieder lauter werden und der Privatisierungsdruck auf die Räte und Kreistage wieder zunehmen wird.

Eine Privatisierungsbremse für die Gemeinden und Kreise könnte in Niedersachsen durch eine Änderung des NKomVG eingeführt werden: Die Kommunen werden gesetzlich ermächtigt, in ihrer jeweiligen Hauptsatzung zu regeln, ob vor einer Privatisierung wesentlicher Einrichtungen der öffentlichen Daseinsvorsorge ein Bürgerentscheid durchgeführt werden muss. Damit gäbe man unter voller Wahrung des Rechts der Selbstverwaltung jeder Kommune die Möglichkeit, eigenständig über die Einführung einer Privatisierungsbremse zu entscheiden.